Erstens kommt es anders, zweitens als man plant ….

Erstens kommt es anders ...

Eigentlich waren wir vor drei Wochen reisefertig. Der neue Anker montiert, die neue Kette mit Farbmarkierungen versehen und fachmännisch von Sibylle mit einem Augspleiss wieder im Ankerkasten angeschäkelt.

Beim Abschiedsessen mit Freunden erwähnt Burkhard, dass er seit einigen Tagen den linken Arm nicht mehr richtig heben kann. Sie kennen einen Orthopäden, der eine echte Koryphäe auf seinem Gebiet ist und verschaffen uns gleich für den nächsten Tag einen Termin.

 

Seitdem ist an Abreise nicht mehr zu denken. Dank der ausgezeichneten Vernetzung unseres hervorragenden Arztes bekommen wir Termine für ein MRT in schneller Folge, erst Schulter, dann Nacken. Eine Physiotherapie bringt gute Fortschritte für die Beweglichkeit des Arms – eine echte Ursache lässt sich jedoch kaum ermitteln.

Dann zu allem Unglück durch falsche Bewegung ein zweiter Vorfall im unteren Rücken, der heftige Schmerzen und anschließende Instabilität und Taubheit im rechten Bein verursacht. Das MRT zeigt hier einen neurologischen Notfall – die Nerven werden gequetscht, vermutlich durch eine gebrochene Bandscheibe. Hier muss durch einen operativen Eingriff zügig Dekompression geschaffen werden.

Am kommenden Dienstag fliegen wir nach Athen und treffen einen Neurochirurgen, der auf solche Eingriffe mit minimal-invasiver Technik spezialisiert ist. 

Wir bleiben optimistisch 😊, und unsere Segelpläne werden wir anpassen, wenn es so weit ist. Ob wir dieses Jahr noch über den Atlantik gehen wie ursprünglich geplant, wissen wir zu diesem Zeitpunkt nicht. Es ist nicht ausgeschlossen, aber wir wollen uns nicht unnötig unter Druck setzen.

Wir schwimmen wieder!

Endlich: seit gestern 13:50 Uhr sind wir wieder im Wasser. Gleich früh hat Sibylle den Sicherungsring für den Propeller am Postamt im Mandraki Hafen abgeholt. Burkhard verhandelt erfolgreich mit Elias, dass wir noch auf den (eigentlich ausgebuchten) Terminplan zum Kranen am Freitag kommen. Ansonsten hätten wir noch ein weiteres Wochenende auf dem Land verbringen müssen.

Zum Einsetzen des Sicherungsrings muss erst ein Spezialwerkzeug gekauft werden, hier auf Rhodos Gott sei Dank kein Problem. Dann sind wir fertig, Petros streicht noch Antifouling auf die Unterseite vom Kiel, während wir am Kran baumeln. Dann geht es los.

 

Erst nachdem die Gurte gelöst sind, dürfen wir den Motor starten. Dann der Test im Krankanal: wir halten die Luft an und geben einen Schub nach vorn und hinten. Das Boot reagiert sofort – und auch in die korrekte Richtung 😊! Hut ab, Skipper Burkhard!

Sehr erleichtert fahren wir rüber zur Marina, wo uns Spiros am Ponton in Empfang nimmt. Die Marina hat sich inzwischen gefüllt mit Charterbooten – rechts und links neben uns wird Deutsch gesprochen, das ist ganz ungewohnt, nachdem wir den Winter hier ja fast allein verbracht haben.

Ihr seht unser Boot am äußersten rechten Bildrand, wenn Ihr die Livecam der Marina aufruft http://ipcamlive.com/rhodesmarina. Bis Anfang kommender Woche sind wir noch hier, dann starten wir Richtung Kykladen.

Wir sind nervös und gespannt, ob der Propeller wieder funktionieren wird und das Schiff auch tatsächlich in die richtige Richtung fährt. Burkhard ist zuversichtlich – schließlich hat er viele Stunden mit der Justierung des Propellers und der anschließenden Repositionierung der auf Symi umgehängten Baudenzüge verbracht. Dennoch – ein Restrisiko bleibt, und Elias weiß von einem Italiener zu berichten, den sie im letzten Jahr drei Mal wieder an den Kran gurten und aus dem Wasser heben mussten, weil das Boot nur noch rückwärts fuhr ….

Fortschritte

Kaum zu glauben – seit mehr als 3 Wochen kraxeln wir nun in Nereus Boatsyard täglich mehrfach die Leiter runter und wieder rauf – das hatten wir uns anders vorgestellt. Aber immerhin, wir machen Fortschritte und sind zuversichtlich, dass wir Morgen, spätestens aber dann Anfang nächster Woche endlich wieder ins Wasser dürfen.

Die Arbeiten am Unterwasserschiff sind fast abgeschlossen – Petros hat hier ganze Arbeit geleistet. Nach tagelangem Abschleifen und Abkratzen wurden zunächst 2 Schichten Primer und dann Antifouling aufgetragen, eine letzte Schicht Antifouling steht noch aus. Trotz Schutzanzug und -Maske hat Petros eine ganze Menge von dem ungesunden blauen Staub abbekommen, der auch an Bord durch sämtliche Ritzen gekrochen kam. Durch den Spülauslass kamen blauen Wolken und die Spülbecken waren blitzeblau – wir hätten die Auslässe oben mit dem Stöpsel verschließen sollen, leider haben wir das zu spät gemerkt. Da war dann in Salon und Pantry eine Runde Abstauben angesagt …

In der Zwischenzeit hatten wir ausreichend Gelegenheit, uns mit neuen Baustellen auf unserem schmucken Boot zu befassen …. Beim Kraxeln am Heck bemerken wir, dass der hydraulische Achterstag-Spanner Öl verliert. Zur Analyse des Problems muss das Teil demontiert werden – welche Freude ☹. 

Wie vermutet ist die Dichtung defekt, wegen des Inch-Maßes ist Ersatz nicht vorrätig und muss in Athen bestellt werden. Das dauert wie immer. Nach einer fast durchwachten Nacht mit beständig vibrierendem Leinen und der Aussicht auf Starkwind am nächsten Tag bitten wir Nikos, uns einen provisorischen Ersatz für den Spanner herzustellen. 

Wir sichern unseren Mast nach hinten mit der Dirk und einem weiteren Fall, das bis zum Masttopp reicht. Das Achterstag binden wir mit einem Tampen fest. Burkhard schleppt den schweren Spanner zu Nikos, unserem Niro-Spezialisten.

 Das führt zu großer Belustigung in der Werkstatt wie auch hier auf dem Platz – alle sind der Meinung, dass die beiden Leinen durchaus ausreichend sind. Wir schlafen aber nun deutlich besser. Gestern konnten wir den Spanner wieder montieren, soweit scheint alles in Ordnung.

Wir lassen die Ankerkette ab, um neue Farbmarkierungen aufzubringen. Das letzte Viertel der Kette geht kaum durch die Ankerwinde, immer wieder hakt das Teil und die Winde fährt sich fest. Das war uns beim Einwintern früher schon mal aufgefallen, aber erst jetzt registrieren wir, dass die letzten zwanzig Meter der Kette mit einem Notkettenglied angestückelt wurden und dieses letzte Stück im Übrigen geringfügig dicker ist als der Rest.

Links DIN 766, rechts ISO

Nach Messungen und Recherchen im Netz verstehen wir, dass es bei einer 10 mm Kette eine DIN- und eine ISO-Ausführung gibt. Unsere Ankerwinde ist aber für die DIN 766 ausgelegt, also werden wir uns von dem hinteren Stück Kette trennen müssen.  

Burkhard steigt in den Ankerkasten und löst den Schäkel mit der Trosse, die die Kette vor dem Ausrauschen bewahrt.

Der verbliebene Teil mit knapp 60 Metern Kette erscheint uns jedoch nicht ausreichend und das Anstückeln behagt überhaupt nicht – also muss zusätzlich zu dem bereits bestellten neuen Anker auch noch eine neue Kette her – wieder eine ungeplante Ausgabe.

Aktuell warten wir nur noch auf den Sicherungsring für den Propeller, der seit 11. Mai aus Deutschland auf dem Weg zu uns ist. Dann steht unserem Einwässern hoffentlich nichts mehr im Wege. Im Zusammenhang mit dem längeren Streik in der vergangenen Woche dauert die Zustellung leider deutlich länger als erwartet ….

Very scary!

Das hat jetzt gerade noch gefehlt. Sibylle sitzt unter Deck an der Nähmaschine, Burkhard versucht vorn am Bug den Anker zu lösen, denn wir wollen die Farbmarkierungen an der Kette erneuern, bevor wir Anfang kommender Woche wieder ins Wasser gehen.

Vor einer guten Stunde fängt das Boot plötzlich an zu schwanken, endlose Sekunden lang. Das war doch keine Einbildung! Wasser schwappt im Glas, die Obstnetze, die im Salon von der Decke hängen, schaukeln hin und her. Knie werden weich, Übelkeit macht sich breit. Verwirrt kraxeln wir die Leiter hinunter und sind froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.

Elias vom Nereus Bootsyard bestätigt: ein Erdbeben, gerade kam der Anruf aus Athen. Wir sollten uns aber keine Sorgen machen, das sei hier an der Tagesordnung und bisher sei noch kein Boot umgefallen. Außerdem war es angeblich nur ein sehr schwaches Beben (4,9 Richter).

Also uns hat das definitiv gereicht. Hier oben in der Höhe, das Boot auf Stelzen, empfindet man das Beben vermutlich stärker als unten am Boden. Hoffentlich schwimmen wir ab Montag wieder  – da fühlt man sich doch weitaus sicherer.

 

Eine andere Perspektive

Nach drei angenehmen Tagen mit Tom Logisch, der nicht nur unsere neue Hydrovane Windsteueranlage und den Schenker Wassermacher kompetent installiert, sondern auch jede Menge weiterer Tipps und Anregungen für uns hat, müssen wir uns wohl oder übel wieder unserem Problem widmen.

Eine erneute Tauchaktion in der Marina mit Videoaufnahmen vom Propeller und ein ausführliches Studium des Handbuchs scheint endgültig zu bestätigen, dass die Ursache für die „Antriebslosigkeit“ unseres Bootes beim Propeller liegt. Irgendetwas muss sich verstellt haben. Für die Reparatur müssen wir an Land.

Am 03. Mai gehen wir früh als erstes zur Nereus Werft, um den Krantermin zu besprechen. Plötzlich geht alles ganz schnell. Innerhalb von zwei Stunden sollen wir vor der Einfahrt zum Kranen sein. Wieder begleitet uns Roger von der ‚Burnout‘ bei Ablegen und kurzer Überfahrt.

Als wir im Fährhafen warten, kommt wie vereinbart ein kleines Fischerboot, das uns bei der Einfahrt in den Kran-Kanal helfen soll. Wir verbinden uns mit einem Seil und warten. Endlich sind wir an der Reihe. Wir müssen rückwärts in den Kanal einfahren. 

Mit weitem Anlauf scheint der erste Versuch fast zu gelingen, doch langsame Fahrt nach hinten ist nicht möglich und der Wind treibt uns ab. Gott sei Dank zieht uns das kleine Boot vom Ufer weg. Weitere Versuche scheitern. Das Hilfsboot lässt uns schließlich im Wind hängen und wir treiben langsam auf die Einfahrt zu. Endlich können wir die Heckleinen schmeißen und das Kran Team zieht uns vorsichtig in den Kanal.

Als wir von Bord gehen, haben wir weiche Knie, ohne die Unterstützung durch das kleine Boot hätten wir es nicht geschafft. In der nahen Taverna Mouragio beruhigen wir uns mit jede Menge Ouzo und Retsina. Ab jetzt sind wir an Land.

Der nächste Tag bringt uns neue Perspektiven. Wir blicken aus luftigen 4 Metern Höhe auf Rhodos Altstadt, den Fährhafen und die Kreuzfahrtschiffe.

Nach Säuberung des ziemlich bewachsenen Propellers bestätigt sich der Verdacht: der Anstellwinkel ist komplett verstellt, vermutlich verursacht durch einen Tampen oder Drahtseil, das beim Ablegen in Symi in die Schraube geraten sein muss. Der Sicherungsring, der ein solches Verstellen des Propellers verhindern soll, war nicht eingebaut …. Den Propeller bekommen wir mit telefonischer Hilfe vom Fachmann in Köln hoffentlich bald wieder in den Griff. 

Aber da man an Bord eines Schiffes nur selten mit einer Herausforderung allein zu kämpfen hat, tut sich nun am Unterwasserschiff gleich die nächste Baustelle auf. Die letzte Antifouling Schicht ist zwar noch in Ordnung, aber in der Türkei hat man in unserer Abwesenheit das neue Antifouling wohl jedes Jahr einfach nur darüber gestrichen, ohne vorherige, inzwischen abgestorbene Schichten mal abzuschleifen. Also muss der ganze Dreck jetzt runter, das dauert mit neuem Anstrich mindestens zwei Wochen …. Wir werden wohl oder übel in der Nereus-Werft noch eine Weile ausharren müssen und unsere Reisepläne entsprechend anpassen.

Immerhin können wir in diesen Tagen unsere erste an Bord selbstgezogene Gurke ernten – ein echtes Highlight!

Unterwasserschiff - erste Fortschritte

Symi

Es erreichen uns die ersten ernsthaften Beschwerden, dass wir seit Ende März nichts mehr veröffentlicht haben. Auch wenn es dem ein oder anderen schwer fällt zu glauben – wir hatten Stress, und zwar richtig. Und in der ganzen Aufregung gab es bislang wenig Muße für ein Update der Website. 

Der Ostertörn mit Sibylles Schwester Juliane und Nichte Emily endet ungeplant im Stadthafen von Symi, als nach dem Anker aufholen das Boot trotz Vollgas kaum mehr Vortrieb hat. Steuern ist fast nicht möglich, außerdem scheint es, als würden wir im Rückwärtsgang vorwärtsfahren. Es gelingt uns schließlich mit Hilfe der Marineros, längsseits an der östlichen Seite des Hafenbeckens wieder festzumachen.

Sibylle taucht im Hafenbecken, aber an der Schraube scheint alles ok, die Drehflügel lassen sich normal bewegen. Der Marinero tippt auf defekten Schaltzug, wir bestellen den Mechaniker. Als dieser nach zwei Stunden endlich kommt, ist schnell klar, dass es am Bauden Zug nicht gelegen hat, allerdings, wie sich später herausstellt, war tatsächlich vorwärts und rückwärts vertauscht. Der Mechaniker arbeitet sich den ganzen Nachmittag bis in den Abend durch sämtliche möglichen Fehlerquellen durch, teils mit Hilfe seiner zwei Brüder – ohne Erfolg. Der Dieseltank ist ok, die Dieselzufuhr auch. Seltsamerweise dreht der Motor ohne Kupplung ganz normal hoch bis 2500 Umdrehungen und weiter, jedoch im eingekuppelten Zustand geht die RPM nicht über 1100 Umdrehungen hinaus. Wir telefonieren mit Dieter, der sofort eine umfangreiche Recherche startet.

 

An Bord herrscht das Chaos ….

 

….. doch die gute Laune bleibt!

Am nächsten Tag scheint alles auf ein defektes Getriebe hinzudeuten. Juliane nimmt sich mit Emily einen Mietwagen und fährt nach Panormitis. Wir machen auf Dieters Geheiß Video- und Tonaufnahmen vom Motor, den Instrumenten und den Abgasen. Aber das Getriebeöl riecht nicht verbrannt, auch wird das Getriebe nicht heiß. Unser Mechaniker tippt nun auf einen Defekt an der Schraube und empfiehlt einen Taucher, der noch am Nachmittag runtergeht. Dieser erklärt, der Propeller scheint normal, aber ein Rope Cutter sei aus der Position. Nach Telefonat mit der Hallberg Rassy Vertretung in Deutschland kann dies nicht die Ursache des Problems sein, vielmehr wäre möglicherweise der Anstellwinkel des Propellers verstellt. Inzwischen beteiligen sich auch unsere Seglerfreunde Horst auf Kasos und Thomas in Deutschland an der fieberhaften Ursachenforschung. Der Taucher empfiehlt inzwischen noch einen anderen Taucher, der mehr Erfahrung hat. Wir vereinbaren einen Termin für den nächsten Vormittag.

Am vierten Tag des unfreiwilligen Aufenthalts in Symi, nehmen Juli und Emily die Blue Star Fähre früh um 07:00 Uhr, um noch einen netten letzten Tag in Rhodos Stadt zu verbringen. Roger trifft mit dem Dodekanes Express um 09:20 Uhr ein. Gegen 11:00 Uhr wagen wir den Ableger zu dritt. Gott sei Dank kommt der Anker ohne Probleme frei. Als wir hinausfahren, nimmt die Maschine beständig Fahrt auf und unser Boot macht nach einer Weile fast 6 Knoten bei 1100 Umdrehungen – das kann normalerweise gar nicht sein. Wir ziehen die Genua hoch und segeln mit einem frischen Wind im Schnitt gut 4,5 Knoten Richtung Rhodos. Wir fahren in die Marina unter Maschine und legen zunächst an der langen Mauer an mit Hilfe der Marineros. Nach Begutachtung der Windsituation und angesichts der Vorhersage für den nächsten Tag, entschließt sich Burkhard, doch in die Box zu fahren, was ihm super gelingt. Μπραβο!

Der zweite Taucher bestätigt, dass die Schraube ganz normal dreht und auch die Flügel sich gemäß Vorwärts-/Rückwärtsfahrt entsprechend auffalten. Wir sind ratlos. Das Wetter verschlechtert sich, es steht uns starker Wind mit Schwell bevor, man rät uns mit Hilfe eines Fischerbootes auf die andere Hafenseite zu gehen und zu ankern. Mitten im Manöver eine Planänderung, der Anker wird an Backbord ausgebracht, um uns so vom Ufer weg zu halten. Mit mäßigem Erfolg, bereits am Mittag ist der Anker wieder draußen und das Manöver startet erneut.  Der Wind wird immer stärker und wir kaufen einen zweiten Kugelfender, um uns von der Mole abzuhalten. 

 Burkhard involviert Roger von der ‚Burnout‘ in Rhodos, um Möglichkeiten für die Rückführung zu checken. Wenn wir mit dem Boot aus dem Wasser müssen (Getriebe oder Schraube) kann das nur auf Rhodos geschehen, Symi hat hierfür keine Facilities. Außerdem müssen Juli und Emily am Samstag abreisen und montags fliegt Tom Logisch ein für die Installation von Windsteuerung und Wassermacher … es ist zum Verzweifeln. Wir checken Fährverbindungen. Das Abschleppen nach Rhodos ist möglich, soll aber 2.000 Euro kosten. Das ist uns zu viel. So nehmen wir das Angebot von Roger an, uns auf dem Rückweg nach Rhodos unter Segel zu unterstützen.

Die erste Ausfahrt der Saison 2017

Endlich ist es soweit: Freitag 24. März, wir wollen tanken und einen kleinen Schlag machen, vielleicht bis Ladiko Beach, knapp zwei Bootsstunden entfernt. Nach einem schnellen Einkauf soll es losgehen. Während wir noch mit letzten Handgriffen unter Deck beschäftigt sind, bemerkt unser Nachbar Roger von der ‚Burnout‘ fehlendes Kühlwasser beim Motorstart. Leider haben wir noch wenig Ahnung vom Motor, aber bei der Fahrerlaubnisprüfung hat man ja gelernt, dass in den meisten Fällen ein defekter Impeller die Ursache für fehlendes Kühlwasser ist. Dieser wurde jedoch erst vor gut zwei Wochen mit dem jährlichen Motorservice von einer Fachwerkstatt gewechselt. Nach Öffnen des Impellergehäuses und Vergleich mit der Einbauanleitung, sind wir überzeugt, der Impeller sitzt falsch drin. Der Mechaniker, der die Wartung durchgeführt hat, lässt sich nur mühsam überreden, schnellstmöglich zu kommen. Schließlich erscheint er, wie versprochen, kurz nach Mittag. Sein Chef ist ebenfalls zur Stelle und macht uns schnell klar, dass es genau einen Menschen auf der ganzen Insel gibt, der Ahnung von Volvo Penta Motoren hat, denn er schraube an solchen bereits seit 1942 – ορίστε μας!  Nach langem hin und her wird der alte Impeller wiedereingesetzt – vielleicht war es ja doch die falsche Teilenummer? Das fehlende Kühlwasser sei aber durch eine Undichtigkeit des Seewasserfilters verursacht, die nun scheinbar behoben wurde.

So legen wir kurz vor 15:00 Uhr schließlich doch noch ab und ziehen bald nach dem Tanken die Segel auf. Bei 4 Beaufort rauschen wir mit 7,8 Knoten in der Spitze unserem Ziel entgegen, bis plötzlich jemand den Wind abstellt. Wir fahren unter Motor weiter, nach einiger Zeit sehen wir schwarzen Rauch aus dem Auspuff qualmen, der Öldruck ist zu niedrig, der Motor zu heiß. Wir stellen sofort ab und rufen den Service an. Der erklärt sich bereit, mit dem Moped nach Ladiko zu kommen, wir haben allerdings noch eine gute Meile bis zur Bucht. Nach Telefonat mit Dieter in Köln kippt Burkhard Öl in den Motor, da der Ölstand sehr niedrig scheint. Dann schippern wir vorsichtig los. Bei niedrigen Touren kommt gar kein Kühlwasser, bei hohen Drehzahlen zu wenig. Die Sonne ist bereits hinter dem Berg verschwunden, als der Anker in Ladiko fällt. Wir zerren das Dinghi an Deck und als wir mit dem Aufpumpen beginnen, winkt schon unser Mechaniker am Strand. Obwohl wir im Schweiße unseres Angesichts in Windeseile pumpen, dauert es noch eine ganze Weile, bis Burkhard an den Strand gepaddelt ist. Nach ein paar geübten Handgriffen und erneutem Fetten des Filterdeckels scheint alles wieder ok, jetzt kommt Wasser auch wieder im Leerlauf, und es pumpt ordentlich so wie früher. Wir müssen aber unbedingt den defekten Seewasserfilter tauschen, das Teil muss gleich am Montag aus Athen bestellt werden.

 

Wir sind das diesmal das einzige Boot in der wunderschönen kleinen Bucht, die wir schon vom letzten Jahr kennen. Das Wasser ist glasklar und lädt am Morgen zum Baden ein. Nach Blick auf die Wassertemperatur (17,9°) beschließt Sibylle jedoch, lieber noch ein paar Stunden zu warten, bis die Sonne das Wasser wenigstens ein bisschen erwärmt hat. Bei 18,5° schließlich traut sie sich – nach wenigen Minuten mit schnellen Schwimmschlägen lässt das Kälteempfinden nach und man kann sich sogar gemütlich treiben lassen. Ein Blick mit der Taucherbrille auf den Anker zeigt eine gute Lage, aber die Kette hat sich um einen Stein gewickelt. So geben wir Anker auf und testen verschiedene Stellen, bis der Anker schließlich in guter Position mitten in der Bucht hält, denn wir wollen noch eine zweite Nacht bleiben, und frischer Wind aus West ist angesagt. Beim Erklimmen der Badeleiter stellt Sibylle mit Entsetzen fest, dass wir durch besagten Dezembersturm noch eine größere Beschädigung am Heck erlitten haben, die man von oben nicht hat sehen können. Sehr ärgerlich, das muss schnellstens repariert werden.

 

Nach zwei Tagen sind wir gestern Nachmittag wieder in die Marina eingelaufen. 

Wir haben den ersten Kurztrip trotz aller Aufregung sehr genossen und sind froh, dass wir nun noch Zeit genug haben, die notwendigen Reparaturen in Auftrag zu geben, damit wir hoffentlich spätestens zu Ostern einen längeren Törn machen können.

Maritime Gardening

Den Rosmarin halten wir schon seit Dezember. Sibylle hat da klare Vorstellungen: so ein unentbehrliches Küchenkraut muss man an Bord unbedingt jederzeit frisch zur Hand haben! Dankenswerterweise ein ziemlich unverwüstliches Kraut, auch wenn es im Moment etwas mitgenommen aussieht. Einmal schon hat Burkhard die arme Pflanze retten müssen – der letzte Sturm aus Süd hätte sie fast von Bord gefegt. Wenn wir lossegeln, müssen wir uns für eine sichere Befestigung wohl was einfallen lassen.

Die Kuchenbude*, die uns fast über den gesamten Winter einen zusätzlichen, geschützten Wohnraum geboten hat, wird unter der wärmenden Frühlingssonne schnell zum Treibhaus. Sibylle konnte der Versuchung nicht wiederstehen und hat zum Entsetzen des Skippers tatsächlich im Praktiker Baumarkt einen kleinen Blumenkasten gekauft. Die Tütchen mit den Tomaten-, Gurken- und Basilikumsamen waren noch im Bestand aus Zeiten unserer großen Terrasse in Köln (schluchz) und – die gute Hausfrau sorgt vor … – irgendwie in das Reisegepäck gelangt.

Nach kurzer Zeit erschienen die Sprösslinge: vier Tomaten- und zwei Gurken-Pflänzchen und jede Menge Basilikum – ein weiteres Gewürz, was man unbedingt an Bord immer frisch haben muss! Demnächst müssen wir wohl weitere Töpfe kaufen, um die Setzlinge auszupflanzen. Und außerdem gibt es ja noch jede Menge weiterer unverzichtbarer Kräuter ….

Unsere Nachmieter in Köln haben uns in diesen Tagen geschrieben, dass unsere wunderschöne ehemalige Terrasse wie jedes Jahr im Frühling zum Leben erwacht. In den Töpfen und Kästen, die wir zurück gelassen haben, blühen Tulpen, Krokus und Narzissen. Da kann man schon mal wehmütig werden. Vielleicht ist ja noch Platz für einen weiteren Blumenkasten an Bord?

* Anmerkung für Nicht-Segler: Kuchenbude bezeichnet eine mit Fenstern und Einstiegsmöglichkeit versehene Abdeckung für das Cockpit, unter der man auch bei Wind und Regen oben an Deck sitzen kann. Tatsächlich hatten wir nicht erwartet, dass die zeltartige Konstruktion so hervorragenden Schutz bietet, selbst bei strömendem Regen dringt kaum ein Tropfen nach innen – außer bei tagelangem Dauerregen natürlich.

Die ersten 85 Tage an Bord – (K)eine Bilanz

Nach fast 5 Tagen monsunartigem Dauerregen und heftigem Sturm aus Süd scheint sich heute am späten Nachmittag endlich die Sonne wieder durchzusetzen.

Schon vor mehr als zwei Wochen hatten wir angesichts untrüglicher Anzeichen des Frühlings gehofft, dass wir den Winter auf Rhodos endgültig hinter uns gelassen hätten.

Die Mandelblüte ist längst vorbei und mehrfach haben wir bereits zum Essen draußen in der warmen Mittagssonne gesessen. Überall erwachendes Leben – Restaurants und Geschäfte, welche über den Winter die Läden geschlossen hatten, putzen sich heraus und bekommen einen neuen Anstrich für die kommende Saison. Wer hätte da gedacht, dass wir die längste Schlechtwetterperiode seit Ankunft noch vor uns hätten?

Wenn man den Einheimischen glauben darf, hat sich die Sonneninsel Rhodos meteorologisch in diesem Winter ohnehin nicht unbedingt von ihrer besten Seite gezeigt. Was natürlich mit der Gesamtwetterlage im Mittelmeerraum zusammenhängt – hat es doch in diesem Winter Schnee und klirrende Kälte gegeben an Orten, die solche Wetterkapriolen sonst nicht oder nur äußerst selten erleben.

Vor diesem Hintergrund hatten wir hier wirklich Glück. Bis auf ein paar Hagelkörner an Bord und einige heftige Stürme und Gewitter, wurden wir verschont von dem, was wir aus Deutschland als Winter kennen. Über die kälteren Tage und Nächte im Dezember und Januar hat uns die Standheizung an Bord gut hinweggeholfen. Seit Anfang Februar brauchen wir die Heizung nachts gar nicht mehr, und tagsüber läuft sie nur sporadisch.

 

Rhodos ist für uns eine Liebe auf den „zweiten“ Blick – aber mit jeden Tag gefällt es uns besser. Die Altstadt ist von der Marina aus fußläufig zu erreichen und bei schönem Wetter machen wir ausgedehnte Spaziergänge an der Küste entlang, durch die Häfen, in und um die Altstadt. Mehrere Ausflüge über die Insel zu den touristischen Highlights offenbaren vor allem beeindruckende, unberührt wirkende Natur – jedenfalls um diese Jahreszeit. Es ist fast beängstigend, dort, wo im Sommer dutzende, wenn nicht hunderte von Touristen die Sicht versperren und dein Foto ruinieren, war meist keine Menschenseele außer uns.

 

Die Marina ist und bleibt schwierig, für eine Überwinterung auf dem Boot ist sie im Grunde derzeit noch nicht geeignet. Im Sommer bei westlichen Winden liegt man hier sehr gut. Jedoch aufgrund der noch nicht fertiggestellten Einfahrtsituation gelangt vor allem bei nördlichen Winden zwischen November und März gefährlicher Schwell in die Marina. Das verursacht nicht nur heftiges Rucken des Bootes meist über mehrere Tage und schlaflose Nächte. Es besteht ständig die Gefahr, dass bei einem Bruch der Leinen ein Schaden entsteht. 

 

Als wir im Dezember ankamen, war unser Boot an Steuerbord beschädigt, ein Festmacher gerissen und zwei Fender geplatzt. Die Schäden sind inzwischen behoben und die Marina hat sich sehr kulant gezeigt, alle Mitarbeiter sind sehr aufmerksam und hilfsbereit. Rund um die Uhr werden regelmäßig Festmacher und Leinen sämtlicher Boote kontrolliert und bei Bedarf wird nachgebessert. Im Herbst will man mit dem Bau der erforderlichen Schutzmauer an der Marina-Einfahrt im Norden beginnen.

 

Immer wieder haben wir zwischendurch überlegt, den Standort aufzugeben, das beständige Schaukeln hat zum Teil heftig an unseren Nerven gezehrt und auch das Leben an Bord ziemlich erschwert.  Jetzt wird es langsam ruhiger und wir freuen uns, dass wir hier geblieben sind. Denn inzwischen haben wir auch unglaublich nette und interessante Menschen getroffen. Wir starten gemeinsame Touren über die Insel und diskutieren sehr viel – das bringt viel Spaß und erweitert unser Wissen um die Situation hier in Griechenland, insbesondere natürlich Rhodos.

Häufig werden wir gefragt, was wir eigentlich den ganzen Tag so tun und ob unsere Tage wohl ausgefüllt sind, nachdem die tägliche 10-12 Stunden Büroarbeit weggefallen ist, die sich nicht selten sogar ins Wochenende gefressen hat. Nun, wir arbeiten am Boot, verbringen viel Zeit mit Inventarisieren, Verstauen, Planen. Wir lesen zur Unterhaltung und recherchieren im Internet, wälzen Kataloge der einschlägigen Schiffsausrüster und ergänzen notwendige Ausrüstung und Ersatzteile, die wir für die große Fahrt noch benötigen. In den ersten Wochen an Bord mussten wir gleich zwei Pumpen erneuern – da gehen dann bei unserem Geschick und Kenntnisstand schon mal mehrere halbe Tage drauf, bis der Fehler identifiziert, die alte Pumpe ausgebaut, die neue Pumpe bestellt, geliefert und eingebaut ist. Umso größer ist der Stolz auf die angenommene Herausforderung und die erfolgreiche Durchführung.

Über Langeweile können wir uns nicht beklagen, eher haben wir das Gefühl, dass uns die Zeit davonrennt und die Tage nicht lang genug sind, um alles zu erledigen, was wir uns vorgenommen haben. Man muss sich daran gewöhnen, dass aufgrund des begrenzten Raumes und der ständigen Bewegung an Bord, alles langsamer vonstatten  geht als gewohnt. Hinzu kommen tägliche Arbeiten – wie Spülen oder auch Waschen-, die daheim von Maschinen erledigt wurden, während man selbst die Zeit ’sinnvoll‘ anders nutzen konnte.

Die erste Grobplanung zeigt, dass unsere Zeit im Mittelmeer gar nicht so üppig bemessen ist, spätestens Anfang November wollen wir ja schon auf den Kanaren sein für die Vorbereitung der ARC, zuvor nochmal für ein paar wichtige Termine zurück nach Deutschland fliegen – vermutlich müssen wir unsere geplante Route überdenken und vielleicht auf einige unserer angestrebten Ziele verzichten.

Wir freuen uns jedenfalls darauf, wenn es Anfang Mai dann endlich losgeht. Bis dahin werden wir mit kleinen Episoden und Bildern über unser Leben hier auf Rhodos ausführlicher berichten.

Wir können den Wind nicht ändern ….

Dieser Spruch zierte die Papierservietten unserer Abschiedsparty im November 2016 in Köln.

Wir haben es getan. Die Jobs gekündigt, die Wohnung aufgegeben, Hab und Gut verkauft oder eingelagert, Familie, Freunde und Lieblingskneipe am Eigelstein zurückgelassen – ein neuer Kurs liegt an. Seit 19. Dezember 2016 wohnen und leben wir an Bord unserer ‚Ithaka‘, um ab jetzt einen anderen Teil der Welt und des Lebens zu entdecken. Startpunkt: östliche Ägäis. Das erste große Ziel: im November 2017 soll es von den Kanaren in die Karibik gehen – und danach … von nun an haben wir Zeit.

Wir freuen uns, wenn Ihr uns auf diesem Weg hier auf der Homepage begleitet.  Wir wünschen uns, dass wir auf diese Weise mit unserem bisherigen Leben und unseren Lieben in Verbindung bleiben. Bei unseren Planungen und Vorbereitungen haben wir viele seglerische Erfahrungsberichte mit Interesse verfolgt – so hoffen wir auch, dass wir ebenso Gleichgesinnte mit unseren Gedanken und Erfahrungen inspirieren können.

Burkhard & Sibylle

SY ITHAKA