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Hat seinen Schrecken verloren – Lefkas Kanal

Seit wir mit einem Charterboot vor Jahren bei einem Urlaub mit der Familie in der nördlichen Ausfahrt vom Lefkas Kanal abrupt zwischen zwei Felsblöcken zum Stehen gekommen sind, hat sich die Durchfahrt für uns ein wenig zum Trauma entwickelt. Weder Boot noch Crew sind damals ernsthaft zu Schaden gekommen, allerdings haben wir stundenlang ausharren müssen, bis man das Boot mit Hilfe eines Krans auf die Seite gelegt hatte und befreien konnte. Durch den Aufprall war der Kiel leicht beschädigt, und einige der Crewmitglieder haben große blaue Flecken als Erinnerung mit nach Hause genommen. Der Schreck saß tief. 

Auch wenn wir im Folgejahr die Stelle ohne Zwischenfall  passieren konnten, ist dieses flaue Gefühl im Magen geblieben. Der Weg über die westliche Außenseite der Insel Lefkas ist jedoch keine echte Alternative, denn wir haben einen Termin in der Cleopatra Marina bei Preveza. Also müssen wir wohl oder übel die schmale Durchfahrt, die Lefkas an der Ostseite vom Festland trennt, erneut in Angriff nehmen.

Wir fädeln uns ein in den Kanal, die Einfahrt von Süden ist gut betonnt, daran hat sich nichts geändert. Doch anders als früher setzt sich die grün-rote Betonnung nun auch im Kanal selbst fort. Dort wo ehemals nur Staken aus dem Wasser ragten und eine vage Fahrwasser Begrenzung vorgaben, ist nun eine wesentlich breitere und auch tiefere Fahrrinne entstanden, die Tonnen sind nachts sogar beleuchtet. Wie man an vielen Stellen sehen kann, neigt der Kanal immer noch zur Versandung. Ein Verlassen der ausgewiesenen Markierung führt zwangsläufig zum Festfahren im Schlick, aber auch innerhalb der Fahrrine sind zumindest früher immer mal wieder Boote aufgelaufen.

Die Marina und den Stadthafen von Lefkas lassen wir links liegen und nähern uns langsam der Drehbrücke, die die Insel mit dem Festland verbindet. Jede volle Stunde wird sie für die Schiffe geöffnet, also bleibt noch ein wenig Wartezeit.

Gemeinsam mit vielen anderen Booten passieren wir die Brückendurchfahrt, hinter uns drängelt ein großes Ausflugsboot, das wir genervt rechts überholen lassen – denn jetzt nähern wir uns etwas bange der kritischen Stelle, der nördlichen Ausfahrt. An Backbord (links) liegt eine Sandbank, die sich ständig durch Strom verändert und die Ausfahrt versandet, an Steuerbord (rechts) liegen Steine und Felsplatten (wie wir aus leidvoller Erfahrung wissen). Doch siehe da – auch hier wurde die völlig unzureichende und ständig „wandernde“ Betonnung durch große Tonnen an beiden Seiten der Durchfahrt ersetzt. Im Rahmen umfangreicher Bauarbeiten seit 2015 wurde die Sandbarre durch Aufschüttung vor Versandung besser geschützt und auch die Fahrrinne verbreitert und ausgebaggert.  Diese Situation ist in unseren Revierführern noch nicht verzeichnet.

Vorsichtig aber dennoch erleichtert umrunden wir mit anderen Schiffen die kritische Stelle – der Ausflugsdampfer – nun vor uns unterwegs – ist da weniger zimperlich: mit einiger Geschwindigkeit brettert der Captain an allen vorbei und hält sich nur bedingt an die Tonnenlinie. Das würde uns im Traum nicht einfallen – aber so ein Motorboot hat ja auch weniger Tiefgang und der Captain kennt sich sicher hier bestens aus …. Immerhin, auch für uns hat die Kanaldurchfahrt an Schrecken verloren.

Urlaub im Ionischen Pelagos

Schwer zu sagen weshalb, aber die letzten Tage fühlen sich richtig wie Urlaub an. Vielleicht liegt es daran, dass wir in diesem Revier tatsächlich öfter „echten“ Urlaub gemacht haben, als wir beide noch „richtig“ gearbeitet haben. Vielleicht aber auch einfach nur, weil sich inzwischen endlich die Sommersonne durchgesetzt hat. Es ist schon mächtig warm, aber oft geht ein angenehmes leichtes Lüftchen. Nicht zu vergleichen jedoch mit dem Wind, den wir inzwischen aus der Ägäis kennen, und zum Segeln hat es bisher für uns nicht ausgereicht. Bei Leichtwind brauchen wir viel Geduld, bis unsere schwere ITHAKA mal so richtig in Schwung kommt.

Dennoch – kaum hat man die ionischen Inseln erreicht, ist der Horizont voll mit Segelbooten, auch bei Charterern ein sehr beliebtes Gebiet, besonders um diese Jahreszeit, wo auch die vielen Feiertage dem Arbeitnehmer den Urlaub verlängern.

Inseln und Ankerplätze liegen hier nah beeinander, so kann man auch den ein oder anderen kurzen Schlag unter Motor verkraften.

Von Vathi (Itháki) fahren wir über die Bucht von Sivota (Lefkas) in die Nordbuchten der Insel Meganisi, wo wir im südlichen Teil der Kapali-Bucht drei Tage gemütlich vor Anker liegen. Außer uns schwojen in dem schmalen Einschnitt, an dessen Hängen gerade einige Bauaktivitäten im Gang sind, nur maximal 2-3 andere Boote.

So richtig nett ist es auch mal wieder in Kalamos – auch wenn man hier anderen Booten und Crews sehr nahe kommt, was nicht unbedingt immer erstrebenswert ist. 

Wie schon vor Jahren steht George am Pier, winkt, schwenkt seine Mütze zur Begrüßung und dirigiert den Anleger. „Welcome to Kalamos, my name is George, and right over there you find my taverna ….“. 

Wir lassen uns nicht lumpen und nach einen Anleger-Getränk bestellen wir dort Kalamari und Tzatziki. Inzwischen füllt sich der kleine Hafen und beschert uns leider unangenehme britische Charternachbarn. Sie realisieren nicht, dass ihr Abwassertank offenbar voll ist, und pumpen mehrfach die Gülle aus dem seitlichen Überlauf in unsere Richtung. Es stinkt bestialisch. Wir machen ein Crew-Mitglied darauf aufmerksam, der erhält Weisung von seinem Skipper zu checken, dass alle Ventile geschlossen sind – was in diesem Fall rein gar nichts nützt und so ergiesst sich ein weiterer Strahl braune Brühe über die Aussenwand der nagelneuen Benetteau. Als die Truppe endlich zurückkehrt vom Nachmittagsbier, löst der Skipper das Problem elegant, indem er die Fäkalien einfach mal eben ins Hafenbecken ablässt, der beißende Geruch steigt bis zu uns ins Cockpit, wo Sibylle beim Lesen sitzt. Leider trifft man immer wieder auf Menschen, denen man besser kein Boot überlassen sollte.

Eine Neuentdeckung ist für uns der Kieselstrand um die Ecke, mit der kleinen Taverna Voskopoula.

Mittags packen wir die Badesachen inklusive Sonnenschirm und wandern über den Berg zum Strand. Der Strand ist mit Kies künstlich angeschüttet aber trotzdem ein schönes Fleckchen. Der Sonnenschirm war eine gute Idee, denn Schatten gibt es hier nicht. Wir baden in der Welle und Burki holt uns ein Bier aus der nahen Taverne, bei der Gelegenheit werden auch gleich gegrillte Sardinen vorbestellt. Echtes Urlaubsfeeling! Viel zu reichlich ist das Essen in der Taverne, aber die Zucchinibällchen sind einfach köstlich, auch richtig kräftig scharf das Tzatziki. Gesättigt gehen wir nochmal baden, auf dem Rückweg noch ein Stopp im Dorfcafé oben an der Platia.

Als wir in den Hafen zurückkehren, finden wir ITHAKA vom Wind mit dem Heck an die Mole gedrückt. George hat wohl schon einen weiteren Kugelfender ausgebracht, aber wir müssen dringend eine Spring legen. Ein Franzose hift uns, er hat auch zuvor die Gangway gesichert.

Nach der Sicherungsaktion ist ein kühles Bier fällig. Dummerweise fällt Burkhard dabei der Kühlschrankdeckel auf den Finger – eine häßliche blutige Quetschung. Wir kühlen und desinfizieren, danach Pflaster und Verband, mal sehen ob der Nagel dran bleibt….

Leider gibt es auch traurige Nachrichten aus der Heimat, die uns in diesen Tagen sehr beschäftigen. Unsere Gedanken sind bei Heri, Bri, Ben & Phil, die tagelang am Sterbebett des Vaters und Großvaters verbracht haben. Aber auch bei einer treuen Freundin unserer Familie, Christel Kohl, die über Nacht und völlig unerwartet ihre Tochter verloren hat.

Endlich Itháki!

Vorgestern erreichen wir schließlich die namensgebende Insel im ionischen Meer, die gleichzeitig Start und Ziel unserer Reise sein soll (siehe auch unter Menüpunkt „Das Schiff“) – unserer erstes echtes Etappenziel ist erreicht.

Zuvor haben wir ein paar Tage im Hafen von Nisos Trizonia und in der Lagune von Nisos Petalas verbracht. Der kleine Hafen Trizonia beherbergt zwei gesunkene Boote und jede Menge Segelschiffe, denen man den Reparaturstau schon von weitem ansieht – etwas trostlos. Dennoch ein beliebter Platz bei Seglern, die auf der Durchfahrt zwischen ionischem Meer und Ägäis sind. Wir machen längsseits an einem der Kais fest, man kann aber auch in der landschaftlich eigentlich reizvollen Bucht sehr gut ankern. Geht man wenige Schritte und kehrt der Marina den Rücken, so trifft man auf der anderen Seite der kleinen Insel zum Festland gewandt auf eine schöne Ausflugsbucht mit einigen netten Tavernen – da lässt es sich aushalten.

Dann verlassen wir den Golf von Korinth und passieren unter der eindrucksvollen Hängebrücke von Rion – bis zum Schluss hält man es kaum für möglich, dass man nicht mit dem hohen Mast oben irgendwo an der Brücke hängen bleibt. Wir folgen der Anweisung über Funk, die Brücke in der nördlichen Durchfahrt zu passieren, „one pillar on your starboard side, three pillars on your portside, please“.

Im Golf von Patras erstreckt sich an der nördlichen Festlandküste ein ausgedehntes Marschgebiet, wo auch der Hafen von Mesolonghion liegt, nur über einen Kanal erreichbar. Die ehemalige Marina wurde geschlossen und über den Stadthafen liest man überhaupt nichts Gutes, daher fahren wir ein gutes Stück weiter um die Ecke bis ins ionische Meer.

Die Lagune von Nisos Petalas ist weitläufig und ruhig bis auf zwei weitere Boote und ein paar Fischer, hier liegt man sehr geschützt. Die Bucht scheint sehr fischreich, aber die Angel werfen wir vergeblich aus. Zwei große Schildkröten treffen wir in der Ausfahrt. Leider regnet es wieder mehrfach, so dass man die Landschaft nicht recht würdigen kann. Seit unserer Abreise von Kreta gab es bislang keinen einzigen Tag ohne Dunst und Wolken – es könnte so langsam gern mal ein bisschen sonniger werden.

So sind auch die 20 Seemeilen Fahrt bis nach Itháki wenig abwechslungsreich, das Farbenspiel reicht von bleiern dunkelgrau (Wasser) bis rauchig blaugrau (Himmel). Die ersten Tropfen fallen schon wieder, als wir in den gut gefüllten Hafen von Vathi, Itháki einlaufen. Am Kai wäre noch Platz, aber wir ankern lieber erstmal in Ruhe, und warten, bis am nächsten Tag die zahllosen Charterboote wieder verschwunden sind. Nun – endlich Itháki! Wir bedanken uns bei Poseidon für die unbeschadete Ankunft mit einem großen Schuss Ouzo in das Wasser von Vathi.

Und später kommt dann sogar die Sonne ein bisschen durch ….

Am Morgen verlegen wir uns an den Kai. Beim Anlegen hilft niemand, auch nicht die Segler nebenan – das ist nun wirklich keine gute Seemannschaft! Wir erkunden den Ort und erkennen vieles wieder – insgesamt scheint es irgendwie lebhafter geworden zu sein. Wir fühlen uns wie im gelobten Land 😊. Auf dem Rückweg essen wir gegrillte Sardinen – mal wieder ein Gedicht. Am Kai liegt außer uns jetzt nur noch ein Boot, aber ausgerechnet dazwischen drängt sich nun ein anderes mit einem älteren englischen Ehepaar. Kurz danach kommt es noch besser: gleich zwei Boote an unserer Backbordseite werfen den Anker jeweils über unserer Kette. Beim Versuch die eigene Kette zu spannen, rumpelt es bei uns und unsere Kette gibt Lose. Wenigstens das eine Boot fährt nochmal raus um zu korrigieren, richtig steuern kann da allerdings niemand …. Sobald unsere Wäsche heute Mittag fertig ist, gehen wir wieder in der Bucht vor Anker.

Delphi

Trotz zahlloser, überwiegend französischer Reisegruppen, deren Reiseleiter/Innen sich in der dramatischen Darstellung von Episoden griechischer Geschichte und der buntblumigen Schilderung der Bedeutung der Überreste des Heiligtums beständig überbieten, ist der Besuch des Apollon Heiligtum in Delphi ein echtes Highlight unserer bisherigen Reise.

Der Bus hält im Ort, zu Ausgrabungsstätte und Museum sind es noch ein paar hundert Meter die Straße hinab. Wir starten mit der Ausgrabungsstätte, denn leider ziehen schon wieder Wolken auf und ab Mittag ist Regen angesagt. Eine gute Entscheidung. 

Der kleine Hafen Itea an der Nordseite des korinthischen Golfs ist der ideale Ausgangspunkt für die Tour. Der Bus fährt mehrmals täglich und hält direkt gegenüber dem Hafen, dort ist auch das Ticket-Office. Die Wartezeit verkürzen wir mit einem Frappé und köstlichen Teigtaschen.

Zügig bewegt sich der Bus die steilen Kurven hinauf zum Parnassos. Die Landschaft ist grandios, schnell steigen wir höher und blicken hinunter in die Ebene mit Olivenbäumen, an deren Ende am Küstensaum Itea nun immer kleiner wird. Dort liegt unser Boot – wie immer hoffen wir, dass alles gut geht.

Wir bahnen uns den Weg durch die Reisegruppen und erwandern ehrfürchtig das Areal – bestaunen die Ruinen eingebettet in spektakuläre Landschaft.

Es ist kaum möglich, in Ruhe die Beschreibungstafeln zu studieren, immer wieder wird die Sicht von einem Smartphone blockiert, mit dem ein eifriger Tourist schnell Text und Illustrationen abfotografiert – vermutlich in der guten Absicht, die Erläuterungstexte später in Ruhe nachzuarbeiten – wir halten es eher für unwahrscheinlich, dass solche Vorsätze in die Tat umgesetzt werden und sind leicht genervt, dass wir in der Lektüre vor Ort ständig gestört werden.

Schwer beeindruckt und doch auch bereits einigermaßen erschöpft machen wir uns schließlich zum Museum auf. Dort ergänzen vor allem die figürlichen Architekturverzierungen und ein Modell der Anlage das Bild von der antiken Kultstätte, das in unseren Köpfen Gestalt annimmt. Leibhaftig begegnen wir auch dem berühmten bronzenen Wagenlenker.

Als wir das Museum verlassen, kommt nach einem heftigen Schauer gerade wieder die Sonne durch. Ermattet von so vielbedeutender Historie genehmigen wir uns ein kühles „Mythos“ (Bier) bei fantastischem Blick hinunter in die Ebene.

Auch auf der Rückfahrt hat der Bus Verspätung, aber am späten Nachmittag sind wir zurück in Itea. Nach einem kurzen Check, dass mit unserer ITHAKA alles in Ordnung ist, lassen wir den Tag ausklingen in der nahegelegenen Fischtaverne.  Lange sitzen wir dort und speisen unterm (Sonnen-)Schirm während kräftiger Dauerregen runterprasselt.

Der Kanal von Korinth

Bei der Planung unserer Route nach Westen im Frühjahr war es einige Zeit unklar, ob der Kanal überhaupt befahrbar sein würde. Denn am 26. Februar waren infolge heftiger Regenfälle große Gesteinsbrocken in den Kanal gefallen, die über mehrere Wochen die Durchfahrt blockiert und zu einer Vollsperrung des Kanals geführt hatten. Ein beeindruckendes Drohnen-Video zeigt das Ausmaß der Verschüttung.

Nach intensiven Baggerarbeiten ist die 6,3 km lange Passage, die den saronischen Golf mit dem korinthischen Golf verbindet, aber nun wieder schiffbar.

Wie man im Revierhandbuch nachlesen kann, verkürzt der 1893 fertiggestellte Kanal nicht nur den Weg von der Ägäis bis ins Ionische Meer um etwa 150 Seemeilen, sondern die enge Durchfahrt mit den steilaufragenden Felswänden rechts und links ist ein unvergessliches Erlebnis.

Die Idee für die Erbauung des Kanals blickt auf eine lange Geschichte zurück: Erste Pläne gab es laut Überlieferung bereits im siebten Jahrhundert vor Christus. Auch die römischen Kaiser beschäftigten sich mit der Erbauung eines solchen Kanals, konkrete Pläne wurden unter Caligula und Nero ausgearbeitet. In der Antike existierte hier ein Schiffskarrenweg über die Landenge des Isthmus, der so genannte Diolkos, eine Möglichkeit, um die gefährliche Umschiffung des Peloponnes über den Landweg zu vermeiden. Der 6 bis 8,5 km lange gepflasterte Rillenweg funktionierte nach dem Eisenbahnprinzip und war vermutlich von ca. 600 v. Chr. bis zur Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. in Betrieb. Er stellte eine in diesem Maßstab in der Antike einzigartige Kombination der Spurrillenführung und des Überlandtransports von Seefahrzeugen dar (siehe Wikipedia, Diolkos).

Wir erreichen den Kanal von Korinth nach gut 5 Stunden Fahrzeit unter Maschine von Aigina aus und machen mit Backbord am Kai in Isthmia fest. Das Anlegemanöver ist nicht so schwierig wie vermutet, obwohl in den letzten Minuten ziemlich Wind aufgekommen ist, der uns aber gegen den Kai drückt – eine Herausforderung wird das dann vor allem beim Ablegen. Burkhard macht sich auf ins Customer Office, um die Formalitäten zu erledigen: 211 Euro kostet uns der Spaß, nun denn, man gönnt sich ja sonst nichts 😉!

Gut 30 Minuten müssen wir warten, dann bekommen wir über Funk die Erlaubnis für die Durchfahrt. Vor uns parkt ein Lotsenboot, hinter uns legt ein Ausflugsdampfer an, als wir gerade ablegen wollen. Wir dampfen ein in die Vorspring, um in dieser Situation und mit dem vorherrschenden Wind überhaupt vom Kai wegzukommen. Diesen Wind hätten wir uns für die Fahrt hierher gewünscht! Gott sei Dank klappt alles reibungslos. Dann geht es los – wir sind die einzigen im Kanal, das hat sich doch gelohnt! Leider ist das Wetter nicht so strahlend, dennoch ist die Szenerie nicht minder beeindruckend. Der Gedanke an das bröckelnde Felsgestein läßt uns zuweilen den Atem anhalten.

Spannend ist auch die hydraulische Brücke am anderen Ende bei der Ausfahrt nach Posidhonia. Die Brücke wird für passierende Schiffe ins Wasser hinabgelassen und eine Ampel signalisiert wann man durchfahren kann oder anhalten muss. An Land warten die Fahrzeuge, bis die Brücke wieder aufgeholt und befahrbar ist.

Nach ungefähr 45 Minuten sind wir nun auf der anderen Seite, im korinthischen Golf, wo wir in dem kleinen Hafen Vrachathi, gut 6 Seemeilen südwestlich von Korinth, die Nacht verbringen wollen.

Aigina

Am 06. Mai verlegen wir uns 15 Seemeilen weiter nördlich auf die Insel Aigina. Der kleine Fischerhafen Perdikas im Südwesten der Insel ist angeblich immer überfüllt, doch zu unserer Freude gibt es außer Fischern aktuell nur zwei weitere Boote, als wir gegen frühen Nachmittag dort einlaufen. Beim Anlegen verlieren wir einen Fender und so nimmt Sibylle erstmal schnell ein Bad mit voller Bekleidung im Gott sei Dank sehr sauberen Hafen.

Etwas erhöht am Ufer reiht sich eine Fischtaverne an die andere, die alle mit frischem Oktopus locken, die neben dem Grill zum Trocknen hängen.

Wir wollen der Versuchung nicht wiederstehen und machen uns ‚ausgehfertig‘ – in diesem Moment laufen die ersten Boote zweier Flottillen ein, die im Handumdrehen den kleinen Hafen bis auf den letzten Platz besetzen. Da haben wir ja nochmal Glück gehabt.

Der gegrillte Oktopus ist zart und außen knusprig und wird in hauchdünne Scheiben geschnitten serviert. Sicher der beste, den wir bisher genossen haben.

Früh werden wir am nächsten Morgen aus dem Schlaf gerissen, als unsere Nachbarn und die anderen Flottillen-Boote lautstark ablegen. Kurze Zeit später sind wir die einzigen Gäste. 

Mit dem Bus wollen wir am Mittag in den Hauptort Aigina fahren, und mit dem Mietwagen weiter zum berühmten dorischen Tempel der Aphaia. Sibylle ist voller Erwartung – endlich kann sie die Orte besuchen, die sie bisher nur aus ihren Archäologiebüchern kennt.

Der Mietwagen ist das schlechteste und teuerste Auto, was wir bisher in Griechenland bekommen haben. Der arme Fiat Panda hat 172.000 km gelaufen und sieht außen wie innen entsprechend aus. Für die Rostlaube gibt es natürlich nicht mal eine Kaskoversicherung …

Der Aphaia-Tempel ist beeindruckend, insbesondere die exponierte Lage mit Blick auf Glyfada und Piräus ist atemberaubend, auch wenn der Himmel leider and diesem Tag etwas diesig und verhangen ist.

Anschließend fahren wir runter zum Beach nach Agia Marina: das ist wohl mit Abstand der hässlichste Badeort, den wir bislang gesehen haben (Fotos haben wir vorsichtshalber nicht gemacht). Mindestens die Hälfte der Bauten sind total heruntergekommen, geschlossen und verfallen, und waren auch in ihrer Blütezeit nicht eben ein Blickfang. Leere Ladenhöhlen auf der Hauptstraße, dazwischen ein paar Souvenirgeschäfte, die vermutlich seit mindestens 10 Jahren dieselbe Auslage anbieten. Wir nehmen schnell Reißaus und versuchen es in Vagia und Souvala – doch hier bietet sich ein ähnliches Bild. Auch wenn die Saison vielleicht noch nicht voll gestartet ist – von dem luxuriösen Kurzurlaubsziel der Athener vor den Toren der Hauptstadt ist bis auf einige nette Villen mit großen Gärten wenig zu entdecken.

Inzwischen ist Wind aufgekommen, der so nicht vorhergesagt war. Die Wellen brechen und es zieht ganz ordentlich aus Nordwest. Wir machen uns Sorgen um unser Boot und geben kurz entschlossen den Mietwagen ab. Ein Taxi bringt uns zurück nach Perdikas, der Bus fährt heute nicht mehr. Dort ist alles in Ordnung, Wind gibt es kaum. Erleichtert entspannen wir beim Bier direkt am Wasser im Café Liotrivi, anschließend lassen wir es uns nochmal bei Antonis‘ Taverne schmecken. Wir sitzen erhöht mit Blick auf unser Boot, und Dank der Pergola kann uns auch der kurze Regenschauer am frühen Abend nichts anhaben.

Poros

Poros kennen wir schon aus dem vergangenen Herbst. Wieder liegen wir am Nordkai, die Plätze in der Durchfahrt zwischen der Insel und Galatas auf dem Festland sind alle von Dauerliegern und vor allem großen Chartercrews mit Skipper belegt, die einen entsprechenden Deal mit einem der zahlreichen Restaurants entlang des Kais machen. An 2er-Crews so wie uns hat man dort verständlicherweise kein Interesse.

Während man dort auch um diese Jahreszeit schon dicht an dicht und zum Teil sogar „im Päckchen“ nebeneinander liegt, ist derzeit am Nordkai noch fast nichts los. Hier liegt man auch deutlich ruhiger als vor den gut besuchten Tavernen.

Natürlich läuft man ein paar Schritte mehr ins Zentrum des Geschehens oder hoch hinauf zum Uhrturm, auch zahlt man eine Liegegebühr von 14 Euro pro Tag – sofern die Repräsentantin der Gemeinde sich zum Kassieren aufraffen kann 😊, was durchaus nicht immer der Fall ist, und so zahlen wir nur für einen Tag, obgleich wir insgesamt 3 Nächte dort zubringen. Wenn man möchte, bekommt man hier auch Wasser und Strom, das kostet jedoch extra und theoretisch sind wir ja autark, mit Solarmodulen, Windgenerator und Wassermacher.

Mit Peter und Martina von der Segelyacht „Bummler“ haben wir im Oktober den netten kleinen Ort intensiv erkundet, so begnügen wir uns diesmal mit der Erprobung eines kleinen Restaurants „in der zweiten Reihe“ ohne Meerblick – davon hatten wir ja die letzten Tage reichlich 😉.

Wir freuen uns, dass die Skipper-Bar, wenige Schritte von unserem Liegeplatz entfernt, ihr WiFi-Passwort aus 2017 noch nicht geändert hat, und so haben wir endlich mal wieder ein sehr gutes WLAN zur Verfügung, um den Beitrag über die Fahrt von Kreta zu verfassen. Erschöpft von den Nachwehen der Reise chillen wir in der Bar im Schatten und nutzen auch die Gelegenheit, unsere elektronischen Seekarten auf den neuesten Stand zu bringen.

183 Seemeilen bis nach Poros

Zum 01. Mai läuft unser Vertrag in der Marina Agios Nikolaos aus, also müssen wir uns beizeiten reisefertig machen. Unser Schweizer Stegnachbar Udo betreibt ein kleines Yachtservice-Business in der Marina. Dank seiner kompetenten Unterstützung erhalten wir wenige Tage zuvor den erneut instandgesetzten Achterstag-Spanner aus Athen zurück. Wieder war im Winter das Öl aus der Hydraulik ausgelaufen, wie auch schon auf Rhodos im vergangenen Jahr.

Im Verlauf des Frühjahrs haben wir bereits diverse Arbeiten am Boot erledigt: unter fachmännischer Anleitung von Horst hat Burkhard sämtliche Winschen gewartet. Die Starter-Batterien wurden ersetzt und der Motorservice erledigt, wie in jedem Jahr. Sibylle hat neue Polsterüberzüge fürs Cockpit genäht und das Bimini geflickt. Außerdem mehrfach das Chrom poliert, mit tatkräftiger Unterstützung von Freundin Heike und später von Schwägerin Sabine.

Schon seit einigen Wochen herrscht geschäftige Nervosität in der Marina, alle sind in Aufbruchstimmung, etliche gehen nochmal schnell zum Kranen, um Arbeiten am Unterwasserschiff zu erledigen, einige Boote sind tatsächlich auch schon früher aufgebrochen. Wir nutzen das sonntägliche Grillen, um uns von den noch verbliebenen Crews zu verabschieden. Unser Beitrag zum Grillbuffet ist dank Sibylle wie immer ausgefallen raffiniert: diesmal sind es Zucchiniblüten, die man in dieser Jahreszeit zu mehreren dutzend abgepackt im Gemüseregal der Supermärkte erstehen kann. In Köln haben wir früher die Zucchinipflanzen auf der Terrasse in Töpfen gezogen, um ein paar von den köstlichen Blüten zu ernten, die man dort leider nicht so einfach kaufen kann. Gefüllt mit Frischkäse, Schalotten, Parmesan und Ei – ein Gedicht.

Am Vormittag des 30. April können wir endlich des noch ausstehenden Päckchens habhaft werden, auf das wir dringend gewartet haben. Unsere liebe Freundin Bri hat uns aus Köln das ARC-Handbuch und die Flagge weitergeleitet, auf welche wir in Vorbereitung auf die Atlantiküberfahrt in keinem Fall verzichten können. Nun steht dem Ablegen nichts mehr im Wege. Für 15:00 Uhr bestellen wir den Tankwagen, um Diesel aufzufüllen, auch in die neu erworbenen Reservekanister. Die eilig in die Waschmaschine gestopfte Wäsche hängt noch auf der Leine, als wir zum Tanken am A-Pontoon aufbrechen, am Ende ist uns dann doch die Zeit davongerannt. Dabei hat man sich doch mental sechs lange Monate auf diesen Augenblick vorbereitet und gefreut….

Unser Tagesziel ist die Lagune von Spinalonga, von dort wollen wir am übernächsten Tag Richtung Norden starten, sofern die Windvorhersage stabil bleibt. Segeln können wir nicht dorthin, was uns beim Ankern erwartet wissen wir von vorherigen Aufenthalten, also erlauben wir uns zum allerersten Mal seit Beginn unserer Segelfahrten ein Bier unterwegs – davon geht allerdings ein großer Schluck an Poseidon, verbunden mit der Hoffnung auf eine gute Reise.

Im letzten Herbst und auch kürzlich Anfang April mit Burkhards Bruder Harald und Schwägerin Sabine waren wir die einzigen in der Bucht gegenüber von Elounda. Jetzt liegen dort zehn weitere Segelyachten, die wie auch wir auf geeigneten Wind für die Überfahrt von Kreta warten. 

Entspannt treffen wir am 01. Mai die letzten Vorbereitungen: lose Fracht an Deck vertäuen, Grab-Bag für den Notfall packen, Propeller unter Wasser von Muscheln und Bewuchs befreien, Logge frei schrubben.

Am nächsten Tag geht es früh raus, mit Sonnenaufgang stehen wir auf. Dennoch dauert es noch bis 07:25 Uhr, bis der Anker eingeholt und abgespült ist und wir endlich loskönnen. Es ist diesig, als wir aus der Lagune von Spinalonga ausfahren. An Segeln ist vorläufig nicht zu denken, also tuckern wir unter Motor geduldig unserem Ziel entgegen. Noch wissen wir nicht, ob wir es bis Poros in einem Schlag schaffen, oder wir vielleicht unterwegs auf halber Strecke in Milos Rast machen wollen.

Während wir unseren Gedanken nachhängen gibt es gut 6 Meilen vor der Küste Kretas plötzlich einen Schlag an der Schraube und sie dreht nicht mehr richtig. Deja-Vu?! Das fängt ja gut an. Mit der GoPro Kamera analysieren wir die Situation unter Wasser: wir haben eine Tüte oder ähnliches gefangen ☹. Also muss Sibylle runtertauchen, mit Brille, Flossen, Schnorchel und Messer bewaffnet, holt sie einmal tief Luft und entfernt mit einem Ruck das Plastik, was sich um die Schraube gewickelt hat. Dankenswerterweise kam kein Hai, um zuzuschauen 😊 haha.

Keine Tüte, sondern ein Stück einer sehr festen Plastikverpackung. Gut, dass wir vergangenes Jahr den fehlenden Sicherungsring am Propeller montiert haben …..

Alarmiert und mit etwas weichen Knien fahren wir weiter, allerdings gurgelt die Schraube immer noch merkwürdig, das müssen wir uns demnächst ansehen. So sind wir froh, als endlich der erwartete Wind einsetzt, und wir den Motor abschalten können. Die kommenden 28 Stunden bewegen wir uns fast ausschließlich mit Windkraft weiter.

Eigentlich wollen wir in Vorbereitung auf die Nacht etwas reffen, doch der Wind bleibt zunächst mäßig und Reisegeschwindigkeiten zwischen 3 und knapp 6 Knoten bei vollem Tuch sind jetzt nicht so üppig.

Erst nach 22:00 Uhr brist der Wind frisch auf und wir düsen mit 7 Knoten durch die Nacht. Laut Vorhersage soll noch mehr kommen, daher ist nun doch Reffen angesagt. Nicht so ganz leicht im Dunkeln, Sibylle leuchtet auf das Großsegel, damit es einigermaßen sauber reinläuft. Auch anschließend geht es flott weiter mit 4 bis 6 Knoten. Ab 23:00 Uhr leuchtet uns der noch fast volle Mond. Das ist hilfreich, denn es ist deutlich mehr Schiffsverkehr unterwegs als auf der Hinfahrt nach Kreta im letzten Herbst.

Bei Sonnenaufgang sind wir auf der Höhe von Milos und beschließen nach Einholen des Wetterberichts, weiterzufahren bis nach Poros. Die Nacht war anstrengend und kühl, aber insgesamt nicht unangenehm. Wir wärmen uns erst mit einem Becher Knorr Heiße Tasse und dann wird ein Kaffee gereicht. Nachts gab es einen Anbiss an der Angel, die Einruckschnur am Gummi ist gerissen, aber der Fisch ist weg. Sibylle montiert hoffnungsvoll den zweiten Gummi und hängt eine Dose als Alarm dran. Nach ca. 1 Stunde scheppert die Dose ins Meer – wieder ist der Fisch allerdings weg – sehr enttäuschend. 

Nach 24 Stunden notieren wir ein Etmal von 115 Meilen – nicht schlecht nach dem schleppenden Start. Am Vormittag lässt der Wind entgegen Vorhersage schwer nach und so nehmen wir das Reff raus. Wir hoffen nun sehr, dass wir es noch vor Anbruch der Dunkelheit bis Poros schaffen. Doch kaum geht es weiter, da gibt es immer wieder heftige Böen, zum Teil bis 22 kn. Gerade als wir wieder ans Reffen denken, beruhigt sich das Ganze etwas und wir rauschen mit 7-8 Knoten unserem Ziel entgegen. 

Gegen Mittag werden wir über mehrere Minuten von einer Herde Delfine begleitet – es sind richtig viele Tiere, die mal seitlich, mal vor dem Bug meist paarweise aus dem Wasser springen und wieder eintauchen.

Die letzten sechs Stunden bis Poros müssen wir leider wieder den Motor bemühen, der Wind ist nur noch sehr schwach und bläst uns zudem nun entgegen. Trotz abwechselnder, kurzer Schlafpausen sind wir beide todmüde, als wir kurz nach Sonnenuntergang nach 37 Stunden Fahrt am Nord-Kai in Poros festmachen. Nach einer kleinen Meze-Mahlzeit mit viel Raki fallen wir in die Kojen.  

ευχαριστούμε ποσειδών.