Bei der Planung unserer Route nach Westen im Frühjahr war es einige Zeit unklar, ob der Kanal überhaupt befahrbar sein würde. Denn am 26. Februar waren infolge heftiger Regenfälle große Gesteinsbrocken in den Kanal gefallen, die über mehrere Wochen die Durchfahrt blockiert und zu einer Vollsperrung des Kanals geführt hatten. Ein beeindruckendes Drohnen-Video zeigt das Ausmaß der Verschüttung.
Nach intensiven Baggerarbeiten ist die 6,3 km lange Passage, die den saronischen Golf mit dem korinthischen Golf verbindet, aber nun wieder schiffbar.
Wie man im Revierhandbuch nachlesen kann, verkürzt der 1893 fertiggestellte Kanal nicht nur den Weg von der Ägäis bis ins Ionische Meer um etwa 150 Seemeilen, sondern die enge Durchfahrt mit den steilaufragenden Felswänden rechts und links ist ein unvergessliches Erlebnis.
Die Idee für die Erbauung des Kanals blickt auf eine lange Geschichte zurück: Erste Pläne gab es laut Überlieferung bereits im siebten Jahrhundert vor Christus. Auch die römischen Kaiser beschäftigten sich mit der Erbauung eines solchen Kanals, konkrete Pläne wurden unter Caligula und Nero ausgearbeitet. In der Antike existierte hier ein Schiffskarrenweg über die Landenge des Isthmus, der so genannte Diolkos, eine Möglichkeit, um die gefährliche Umschiffung des Peloponnes über den Landweg zu vermeiden. Der 6 bis 8,5 km lange gepflasterte Rillenweg funktionierte nach dem Eisenbahnprinzip und war vermutlich von ca. 600 v. Chr. bis zur Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. in Betrieb. Er stellte eine in diesem Maßstab in der Antike einzigartige Kombination der Spurrillenführung und des Überlandtransports von Seefahrzeugen dar (siehe Wikipedia, Diolkos).
Wir erreichen den Kanal von Korinth nach gut 5 Stunden Fahrzeit unter Maschine von Aigina aus und machen mit Backbord am Kai in Isthmia fest. Das Anlegemanöver ist nicht so schwierig wie vermutet, obwohl in den letzten Minuten ziemlich Wind aufgekommen ist, der uns aber gegen den Kai drückt – eine Herausforderung wird das dann vor allem beim Ablegen. Burkhard macht sich auf ins Customer Office, um die Formalitäten zu erledigen: 211 Euro kostet uns der Spaß, nun denn, man gönnt sich ja sonst nichts 😉!
Gut 30 Minuten müssen wir warten, dann bekommen wir über Funk die Erlaubnis für die Durchfahrt. Vor uns parkt ein Lotsenboot, hinter uns legt ein Ausflugsdampfer an, als wir gerade ablegen wollen. Wir dampfen ein in die Vorspring, um in dieser Situation und mit dem vorherrschenden Wind überhaupt vom Kai wegzukommen. Diesen Wind hätten wir uns für die Fahrt hierher gewünscht! Gott sei Dank klappt alles reibungslos. Dann geht es los – wir sind die einzigen im Kanal, das hat sich doch gelohnt! Leider ist das Wetter nicht so strahlend, dennoch ist die Szenerie nicht minder beeindruckend. Der Gedanke an das bröckelnde Felsgestein läßt uns zuweilen den Atem anhalten.
Spannend ist auch die hydraulische Brücke am anderen Ende bei der Ausfahrt nach Posidhonia. Die Brücke wird für passierende Schiffe ins Wasser hinabgelassen und eine Ampel signalisiert wann man durchfahren kann oder anhalten muss. An Land warten die Fahrzeuge, bis die Brücke wieder aufgeholt und befahrbar ist.
Nach ungefähr 45 Minuten sind wir nun auf der anderen Seite, im korinthischen Golf, wo wir in dem kleinen Hafen Vrachathi, gut 6 Seemeilen südwestlich von Korinth, die Nacht verbringen wollen.