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Die erste Ausfahrt der Saison 2017

Endlich ist es soweit: Freitag 24. März, wir wollen tanken und einen kleinen Schlag machen, vielleicht bis Ladiko Beach, knapp zwei Bootsstunden entfernt. Nach einem schnellen Einkauf soll es losgehen. Während wir noch mit letzten Handgriffen unter Deck beschäftigt sind, bemerkt unser Nachbar Roger von der ‚Burnout‘ fehlendes Kühlwasser beim Motorstart. Leider haben wir noch wenig Ahnung vom Motor, aber bei der Fahrerlaubnisprüfung hat man ja gelernt, dass in den meisten Fällen ein defekter Impeller die Ursache für fehlendes Kühlwasser ist. Dieser wurde jedoch erst vor gut zwei Wochen mit dem jährlichen Motorservice von einer Fachwerkstatt gewechselt. Nach Öffnen des Impellergehäuses und Vergleich mit der Einbauanleitung, sind wir überzeugt, der Impeller sitzt falsch drin. Der Mechaniker, der die Wartung durchgeführt hat, lässt sich nur mühsam überreden, schnellstmöglich zu kommen. Schließlich erscheint er, wie versprochen, kurz nach Mittag. Sein Chef ist ebenfalls zur Stelle und macht uns schnell klar, dass es genau einen Menschen auf der ganzen Insel gibt, der Ahnung von Volvo Penta Motoren hat, denn er schraube an solchen bereits seit 1942 – ορίστε μας!  Nach langem hin und her wird der alte Impeller wiedereingesetzt – vielleicht war es ja doch die falsche Teilenummer? Das fehlende Kühlwasser sei aber durch eine Undichtigkeit des Seewasserfilters verursacht, die nun scheinbar behoben wurde.

So legen wir kurz vor 15:00 Uhr schließlich doch noch ab und ziehen bald nach dem Tanken die Segel auf. Bei 4 Beaufort rauschen wir mit 7,8 Knoten in der Spitze unserem Ziel entgegen, bis plötzlich jemand den Wind abstellt. Wir fahren unter Motor weiter, nach einiger Zeit sehen wir schwarzen Rauch aus dem Auspuff qualmen, der Öldruck ist zu niedrig, der Motor zu heiß. Wir stellen sofort ab und rufen den Service an. Der erklärt sich bereit, mit dem Moped nach Ladiko zu kommen, wir haben allerdings noch eine gute Meile bis zur Bucht. Nach Telefonat mit Dieter in Köln kippt Burkhard Öl in den Motor, da der Ölstand sehr niedrig scheint. Dann schippern wir vorsichtig los. Bei niedrigen Touren kommt gar kein Kühlwasser, bei hohen Drehzahlen zu wenig. Die Sonne ist bereits hinter dem Berg verschwunden, als der Anker in Ladiko fällt. Wir zerren das Dinghi an Deck und als wir mit dem Aufpumpen beginnen, winkt schon unser Mechaniker am Strand. Obwohl wir im Schweiße unseres Angesichts in Windeseile pumpen, dauert es noch eine ganze Weile, bis Burkhard an den Strand gepaddelt ist. Nach ein paar geübten Handgriffen und erneutem Fetten des Filterdeckels scheint alles wieder ok, jetzt kommt Wasser auch wieder im Leerlauf, und es pumpt ordentlich so wie früher. Wir müssen aber unbedingt den defekten Seewasserfilter tauschen, das Teil muss gleich am Montag aus Athen bestellt werden.

 

Wir sind das diesmal das einzige Boot in der wunderschönen kleinen Bucht, die wir schon vom letzten Jahr kennen. Das Wasser ist glasklar und lädt am Morgen zum Baden ein. Nach Blick auf die Wassertemperatur (17,9°) beschließt Sibylle jedoch, lieber noch ein paar Stunden zu warten, bis die Sonne das Wasser wenigstens ein bisschen erwärmt hat. Bei 18,5° schließlich traut sie sich – nach wenigen Minuten mit schnellen Schwimmschlägen lässt das Kälteempfinden nach und man kann sich sogar gemütlich treiben lassen. Ein Blick mit der Taucherbrille auf den Anker zeigt eine gute Lage, aber die Kette hat sich um einen Stein gewickelt. So geben wir Anker auf und testen verschiedene Stellen, bis der Anker schließlich in guter Position mitten in der Bucht hält, denn wir wollen noch eine zweite Nacht bleiben, und frischer Wind aus West ist angesagt. Beim Erklimmen der Badeleiter stellt Sibylle mit Entsetzen fest, dass wir durch besagten Dezembersturm noch eine größere Beschädigung am Heck erlitten haben, die man von oben nicht hat sehen können. Sehr ärgerlich, das muss schnellstens repariert werden.

 

Nach zwei Tagen sind wir gestern Nachmittag wieder in die Marina eingelaufen. 

Wir haben den ersten Kurztrip trotz aller Aufregung sehr genossen und sind froh, dass wir nun noch Zeit genug haben, die notwendigen Reparaturen in Auftrag zu geben, damit wir hoffentlich spätestens zu Ostern einen längeren Törn machen können.

Maritime Gardening

Den Rosmarin halten wir schon seit Dezember. Sibylle hat da klare Vorstellungen: so ein unentbehrliches Küchenkraut muss man an Bord unbedingt jederzeit frisch zur Hand haben! Dankenswerterweise ein ziemlich unverwüstliches Kraut, auch wenn es im Moment etwas mitgenommen aussieht. Einmal schon hat Burkhard die arme Pflanze retten müssen – der letzte Sturm aus Süd hätte sie fast von Bord gefegt. Wenn wir lossegeln, müssen wir uns für eine sichere Befestigung wohl was einfallen lassen.

Die Kuchenbude*, die uns fast über den gesamten Winter einen zusätzlichen, geschützten Wohnraum geboten hat, wird unter der wärmenden Frühlingssonne schnell zum Treibhaus. Sibylle konnte der Versuchung nicht wiederstehen und hat zum Entsetzen des Skippers tatsächlich im Praktiker Baumarkt einen kleinen Blumenkasten gekauft. Die Tütchen mit den Tomaten-, Gurken- und Basilikumsamen waren noch im Bestand aus Zeiten unserer großen Terrasse in Köln (schluchz) und – die gute Hausfrau sorgt vor … – irgendwie in das Reisegepäck gelangt.

Nach kurzer Zeit erschienen die Sprösslinge: vier Tomaten- und zwei Gurken-Pflänzchen und jede Menge Basilikum – ein weiteres Gewürz, was man unbedingt an Bord immer frisch haben muss! Demnächst müssen wir wohl weitere Töpfe kaufen, um die Setzlinge auszupflanzen. Und außerdem gibt es ja noch jede Menge weiterer unverzichtbarer Kräuter ….

Unsere Nachmieter in Köln haben uns in diesen Tagen geschrieben, dass unsere wunderschöne ehemalige Terrasse wie jedes Jahr im Frühling zum Leben erwacht. In den Töpfen und Kästen, die wir zurück gelassen haben, blühen Tulpen, Krokus und Narzissen. Da kann man schon mal wehmütig werden. Vielleicht ist ja noch Platz für einen weiteren Blumenkasten an Bord?

* Anmerkung für Nicht-Segler: Kuchenbude bezeichnet eine mit Fenstern und Einstiegsmöglichkeit versehene Abdeckung für das Cockpit, unter der man auch bei Wind und Regen oben an Deck sitzen kann. Tatsächlich hatten wir nicht erwartet, dass die zeltartige Konstruktion so hervorragenden Schutz bietet, selbst bei strömendem Regen dringt kaum ein Tropfen nach innen – außer bei tagelangem Dauerregen natürlich.

Die ersten 85 Tage an Bord – (K)eine Bilanz

Nach fast 5 Tagen monsunartigem Dauerregen und heftigem Sturm aus Süd scheint sich heute am späten Nachmittag endlich die Sonne wieder durchzusetzen.

Schon vor mehr als zwei Wochen hatten wir angesichts untrüglicher Anzeichen des Frühlings gehofft, dass wir den Winter auf Rhodos endgültig hinter uns gelassen hätten.

Die Mandelblüte ist längst vorbei und mehrfach haben wir bereits zum Essen draußen in der warmen Mittagssonne gesessen. Überall erwachendes Leben – Restaurants und Geschäfte, welche über den Winter die Läden geschlossen hatten, putzen sich heraus und bekommen einen neuen Anstrich für die kommende Saison. Wer hätte da gedacht, dass wir die längste Schlechtwetterperiode seit Ankunft noch vor uns hätten?

Wenn man den Einheimischen glauben darf, hat sich die Sonneninsel Rhodos meteorologisch in diesem Winter ohnehin nicht unbedingt von ihrer besten Seite gezeigt. Was natürlich mit der Gesamtwetterlage im Mittelmeerraum zusammenhängt – hat es doch in diesem Winter Schnee und klirrende Kälte gegeben an Orten, die solche Wetterkapriolen sonst nicht oder nur äußerst selten erleben.

Vor diesem Hintergrund hatten wir hier wirklich Glück. Bis auf ein paar Hagelkörner an Bord und einige heftige Stürme und Gewitter, wurden wir verschont von dem, was wir aus Deutschland als Winter kennen. Über die kälteren Tage und Nächte im Dezember und Januar hat uns die Standheizung an Bord gut hinweggeholfen. Seit Anfang Februar brauchen wir die Heizung nachts gar nicht mehr, und tagsüber läuft sie nur sporadisch.

 

Rhodos ist für uns eine Liebe auf den „zweiten“ Blick – aber mit jeden Tag gefällt es uns besser. Die Altstadt ist von der Marina aus fußläufig zu erreichen und bei schönem Wetter machen wir ausgedehnte Spaziergänge an der Küste entlang, durch die Häfen, in und um die Altstadt. Mehrere Ausflüge über die Insel zu den touristischen Highlights offenbaren vor allem beeindruckende, unberührt wirkende Natur – jedenfalls um diese Jahreszeit. Es ist fast beängstigend, dort, wo im Sommer dutzende, wenn nicht hunderte von Touristen die Sicht versperren und dein Foto ruinieren, war meist keine Menschenseele außer uns.

 

Die Marina ist und bleibt schwierig, für eine Überwinterung auf dem Boot ist sie im Grunde derzeit noch nicht geeignet. Im Sommer bei westlichen Winden liegt man hier sehr gut. Jedoch aufgrund der noch nicht fertiggestellten Einfahrtsituation gelangt vor allem bei nördlichen Winden zwischen November und März gefährlicher Schwell in die Marina. Das verursacht nicht nur heftiges Rucken des Bootes meist über mehrere Tage und schlaflose Nächte. Es besteht ständig die Gefahr, dass bei einem Bruch der Leinen ein Schaden entsteht. 

 

Als wir im Dezember ankamen, war unser Boot an Steuerbord beschädigt, ein Festmacher gerissen und zwei Fender geplatzt. Die Schäden sind inzwischen behoben und die Marina hat sich sehr kulant gezeigt, alle Mitarbeiter sind sehr aufmerksam und hilfsbereit. Rund um die Uhr werden regelmäßig Festmacher und Leinen sämtlicher Boote kontrolliert und bei Bedarf wird nachgebessert. Im Herbst will man mit dem Bau der erforderlichen Schutzmauer an der Marina-Einfahrt im Norden beginnen.

 

Immer wieder haben wir zwischendurch überlegt, den Standort aufzugeben, das beständige Schaukeln hat zum Teil heftig an unseren Nerven gezehrt und auch das Leben an Bord ziemlich erschwert.  Jetzt wird es langsam ruhiger und wir freuen uns, dass wir hier geblieben sind. Denn inzwischen haben wir auch unglaublich nette und interessante Menschen getroffen. Wir starten gemeinsame Touren über die Insel und diskutieren sehr viel – das bringt viel Spaß und erweitert unser Wissen um die Situation hier in Griechenland, insbesondere natürlich Rhodos.

Häufig werden wir gefragt, was wir eigentlich den ganzen Tag so tun und ob unsere Tage wohl ausgefüllt sind, nachdem die tägliche 10-12 Stunden Büroarbeit weggefallen ist, die sich nicht selten sogar ins Wochenende gefressen hat. Nun, wir arbeiten am Boot, verbringen viel Zeit mit Inventarisieren, Verstauen, Planen. Wir lesen zur Unterhaltung und recherchieren im Internet, wälzen Kataloge der einschlägigen Schiffsausrüster und ergänzen notwendige Ausrüstung und Ersatzteile, die wir für die große Fahrt noch benötigen. In den ersten Wochen an Bord mussten wir gleich zwei Pumpen erneuern – da gehen dann bei unserem Geschick und Kenntnisstand schon mal mehrere halbe Tage drauf, bis der Fehler identifiziert, die alte Pumpe ausgebaut, die neue Pumpe bestellt, geliefert und eingebaut ist. Umso größer ist der Stolz auf die angenommene Herausforderung und die erfolgreiche Durchführung.

Über Langeweile können wir uns nicht beklagen, eher haben wir das Gefühl, dass uns die Zeit davonrennt und die Tage nicht lang genug sind, um alles zu erledigen, was wir uns vorgenommen haben. Man muss sich daran gewöhnen, dass aufgrund des begrenzten Raumes und der ständigen Bewegung an Bord, alles langsamer vonstatten  geht als gewohnt. Hinzu kommen tägliche Arbeiten – wie Spülen oder auch Waschen-, die daheim von Maschinen erledigt wurden, während man selbst die Zeit ’sinnvoll‘ anders nutzen konnte.

Die erste Grobplanung zeigt, dass unsere Zeit im Mittelmeer gar nicht so üppig bemessen ist, spätestens Anfang November wollen wir ja schon auf den Kanaren sein für die Vorbereitung der ARC, zuvor nochmal für ein paar wichtige Termine zurück nach Deutschland fliegen – vermutlich müssen wir unsere geplante Route überdenken und vielleicht auf einige unserer angestrebten Ziele verzichten.

Wir freuen uns jedenfalls darauf, wenn es Anfang Mai dann endlich losgeht. Bis dahin werden wir mit kleinen Episoden und Bildern über unser Leben hier auf Rhodos ausführlicher berichten.