Seit wir mit einem Charterboot vor Jahren bei einem Urlaub mit der Familie in der nördlichen Ausfahrt vom Lefkas Kanal abrupt zwischen zwei Felsblöcken zum Stehen gekommen sind, hat sich die Durchfahrt für uns ein wenig zum Trauma entwickelt. Weder Boot noch Crew sind damals ernsthaft zu Schaden gekommen, allerdings haben wir stundenlang ausharren müssen, bis man das Boot mit Hilfe eines Krans auf die Seite gelegt hatte und befreien konnte. Durch den Aufprall war der Kiel leicht beschädigt, und einige der Crewmitglieder haben große blaue Flecken als Erinnerung mit nach Hause genommen. Der Schreck saß tief.
Auch wenn wir im Folgejahr die Stelle ohne Zwischenfall passieren konnten, ist dieses flaue Gefühl im Magen geblieben. Der Weg über die westliche Außenseite der Insel Lefkas ist jedoch keine echte Alternative, denn wir haben einen Termin in der Cleopatra Marina bei Preveza. Also müssen wir wohl oder übel die schmale Durchfahrt, die Lefkas an der Ostseite vom Festland trennt, erneut in Angriff nehmen.
Wir fädeln uns ein in den Kanal, die Einfahrt von Süden ist gut betonnt, daran hat sich nichts geändert. Doch anders als früher setzt sich die grün-rote Betonnung nun auch im Kanal selbst fort. Dort wo ehemals nur Staken aus dem Wasser ragten und eine vage Fahrwasser Begrenzung vorgaben, ist nun eine wesentlich breitere und auch tiefere Fahrrinne entstanden, die Tonnen sind nachts sogar beleuchtet. Wie man an vielen Stellen sehen kann, neigt der Kanal immer noch zur Versandung. Ein Verlassen der ausgewiesenen Markierung führt zwangsläufig zum Festfahren im Schlick, aber auch innerhalb der Fahrrine sind zumindest früher immer mal wieder Boote aufgelaufen.
Die Marina und den Stadthafen von Lefkas lassen wir links liegen und nähern uns langsam der Drehbrücke, die die Insel mit dem Festland verbindet. Jede volle Stunde wird sie für die Schiffe geöffnet, also bleibt noch ein wenig Wartezeit.
Gemeinsam mit vielen anderen Booten passieren wir die Brückendurchfahrt, hinter uns drängelt ein großes Ausflugsboot, das wir genervt rechts überholen lassen – denn jetzt nähern wir uns etwas bange der kritischen Stelle, der nördlichen Ausfahrt. An Backbord (links) liegt eine Sandbank, die sich ständig durch Strom verändert und die Ausfahrt versandet, an Steuerbord (rechts) liegen Steine und Felsplatten (wie wir aus leidvoller Erfahrung wissen). Doch siehe da – auch hier wurde die völlig unzureichende und ständig „wandernde“ Betonnung durch große Tonnen an beiden Seiten der Durchfahrt ersetzt. Im Rahmen umfangreicher Bauarbeiten seit 2015 wurde die Sandbarre durch Aufschüttung vor Versandung besser geschützt und auch die Fahrrinne verbreitert und ausgebaggert. Diese Situation ist in unseren Revierführern noch nicht verzeichnet.
Vorsichtig aber dennoch erleichtert umrunden wir mit anderen Schiffen die kritische Stelle – der Ausflugsdampfer – nun vor uns unterwegs – ist da weniger zimperlich: mit einiger Geschwindigkeit brettert der Captain an allen vorbei und hält sich nur bedingt an die Tonnenlinie. Das würde uns im Traum nicht einfallen – aber so ein Motorboot hat ja auch weniger Tiefgang und der Captain kennt sich sicher hier bestens aus …. Immerhin, auch für uns hat die Kanaldurchfahrt an Schrecken verloren.