Daily Archives: 1. Mai 2020

Ausgangsregeln – Tag 48

Nachdem seit Anfang dieser Woche Kinder bis 14 Jahre in Begleitung Erwachsener endlich wieder draußen spazieren gehen dürfen, hat man nun  – fast sieben Wochen nach Start des Ausnahmezustands – auch die Ausgangsregeln für alle anderen Altersgruppen festgelegt. Frische Luft und Bewegung gibt es jedoch zukünftig zunächst nach Alter getrennt.

In der freudigen Aufregung beim Studium der einschlägigen Nachrichtenportale am Vormittag denken wir zunächst, wir hätten bereits unseren ersten kostbaren Slot verpasst – aber die neue Regelung gilt erst ab 02. Mai. Also heißt es ab morgen: Wecker stellen. Denn Burkhard schläft schon gern mal länger, und Sibylle holt derzeit häufiger schlaflose Stunden aus der Nacht in der Früh nach. 

Auch das abendliche Zeitfenster ist nicht ohne Herausforderungen, so heißt es nun, nach dem Essen anstatt Fern zu sehen sich zum Spaziergang aufzuraffen, was sich jedoch hoffentlich positiv auf die in den vergangenen Wochen angefressenen Pfunde auswirken wird😉. Die neuen Ausgangsbestimmungen sind nur ein Teil der schrittweisen Rückkehr zu einer „neuen Normalität“ (Unwort des Jahres 2020?), die für Spanien in dieser Woche beschlossen wurden.

Die vier Phasen werden nach Provinzen (!) getrennt umgesetzt und dauern im günstigsten Fall jeweils 2 Wochen, beginnend mit Montag, 04. Mai. Bei einer Verschlechterung der Pandemiesituation in einer Provinz muss das betroffene Gebiet die Lockerungsphase verlängern oder gar zum Ausgangspunkt zurückkehren. Wohlgemerkt – es gibt insgesamt 50 Provinzen in Spanien als mittelgroße Verwaltungseinheiten unterhalb der 17 sogenannten „autonomen Gemeinschaften“ oder Regionen (diese wiederum sind entfernt vergleichbar unseren Bundesländern). Die Provinzen untergliedern sich ihrerseits in Gemeinden. In unserem Fall befinden wir uns in der Provinz Almeria, in der übergeordneten Region Andalusien, als Teil der Gemeinde El Ejido. Inländisches Reisen zwischen den Provinzen ist frühestens mit Abschluss von Phase 3 ab dem 22. Juni möglich, und das auch nur bei identischem Deeskalationsstatus der jeweiligen Provinzen. Ob wir dann auch wieder segeln können? Innerhalb der bisher veröffentlichten Regelungen sind auch Sportboote berücksichtigt, aber so richtig verstehen wir noch nicht, was das für uns bedeutet. Jedenfalls werden wir vorerst unseren Marinavertrag um weitere vier Wochen bis 09. Juni verlängern. 

​Aus budgetären Gründen können wir froh sein, Valencia frühzeitig verlassen zu haben. Denn in Almerimar sind die Liegeplätze deutlich günstiger, selbst wenn ab Juni mit Start der Hauptsaison auch hier die Preise um satte 130% steigen.

Bemerkung: Interessanterweise können wir feststellen, dass Almerimar – offenbar im Gegensatz zu vielen anderen Häfen -, immer mal wieder einzelne Boote aufnimmt. Erst kürzlich legte ein Katamaran aus Kroatien hier an – ohne Marinazugang und Zwischenstopp auf der gesamten Strecke. So wird Almerimar auch möglicherweise zur Option für Segler aus Westen, für Karibik-Rückkehrer.

In der vorbereitenden Phase 0 haben bereits am kommenden Montag Friseure, Optiker und Physiotherapeuten wieder geöffnet. Glücklich unsere Freunde Martina und Peter mit ihrer Segelyacht „Bummler“, die seit Wochen auf La Graciosa (Kanaren) ankern. Einige Inseln dürfen die Vorbereitungsphase überspringen und starten gleich mit Phase 1. Ab 11. Mai dürfen auch wir uns dann in Phase 1 auf eine eingeschränkte Öffnung der Außengastronomie freuen – und endlich können wir wohl auch wieder Freunde treffen! Die genauen Regeln für soziale Kontakte werden noch bekannt gegeben – wir sind gespannt. Vielleicht auch hier eine zeitliche Begrenzung nach Altersgruppen 😊??? Phase 2 und 3 sieht dann eine schrittweise Öffnung der Innengastronomie bis maximal 50% der Kapazität vor.

Für Mitte Mai haben wir probehalber einen Mietwagen optioniert, vielleicht kann man sich tatsächlich innerhalb der Provinz Almeria ein wenig bewegen, zumindest zum Einkauf. Ansonsten müssen wir das Gefährt halt wieder stornieren, so wie zuletzt am 15. März.

Inzwischen sind wir hier sehr fleißig und kreativ. Sibylle wüsste kaum, was sie ohne ihre wunderbare „Sailrite“ Nähmaschine anfangen sollte. Aus alten Segeln (Danke, Horst!) und Planenmaterial entstehen verschiedene Taschen.

Endlich gibt es auch Zeit für lang aufgeschobene Projekte wie die Abdeckung unserer Windfahnensteuerung, gefertigt aus Material, was uns unser Vorbesitzer überlassen hatte (Danke, Wolf!). Die Abdeckung ist in zwei Teilen zu verwenden, mit oder ohne aufgesteckte Windfahne. Als nächstes bekommt auch der Außenborder einen neuen Sonnenschutz. Noch in Valencia wurden die Fenster der Kuchenbude gewechselt und ein Rucksack gefertigt. 

Die „Sailrite“ ist nicht gerade ein Schnäppchen, aber langsam beginnt sich die Anschaffung zu amortisieren – nicht nur im materiellen Sinn. Burkhard verbringt Stunden im Motorraum, wechselt unter anderem den defekten Temperatursensor, der uns im Februar fast die Abfahrt aus Valencia verhagelt hätte. Der akustische Alarm, der eine Überhitzung des Motors signalisiert, löste wenige Minuten nach Start des Motors aus und war nur durch Deaktivierung abzustellen.

Und das Wetter – seit einigen Tagen fantastisch! Strahlendblauer Himmel, Sonne pur und eine leichte Brise aus Südost. Dazu eine äußerst vielversprechende Prognose auch für die nächsten 14 Tage. In Deutschland mochte das ja kaum jemand recht glauben, dass wir Grund hatten, uns in den vergangenen Wochen regelmäßig über das Wetter zu beschweren: doch der Vergleich der Tageshöchsttemperaturen und Niederschläge zwischen Köln und Almerimar ist wohl evident. Wir trainieren nun jeden Tag an Deck mit Theraband und „Twistfit“. Und auch die überfälligen Decksarbeiten können nun starten. Todo va a estar bien. So hoffen wir. Aber es braucht noch viel Vorsicht und Geduld …